Heilpflanzen und Qigong mit Gabi Fischer-Lind shifu, 27./28.6.20

Mit Pflanzen meditieren

Im Qigong üben wir Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Beobachtung in erster Linie an uns selbst. Wir schauen genau hin oder anders ausgedrückt: wir üben unsere Intuition (lat. intueri = genau hinsehen, anschauen). Dieses Üben ist  uns nun schon über die Jahre vertraut.  Gemeinsam mit Gabi Fischer-Lind erweitern wir unseren Übungsradius immer wieder: z.B. beim Baum-Qigong oder beim Singen von Mantras. So ist das Üben mit (Heil-)Pflanzen ein weiteres Schulen unseres bewussten Umgangs mit den uns umgebenden Lebewesen. Da ich mich liebend gern im Garten und in der Natur aufhalte, ist für mich die Kontaktsuche mit Pflanzen ein spannendes Thema.

Beim stillen Gang über die Wiese waren es für mich der Wegerich, die Ochsenzunge und  der Beifuß, die einen besonderen Eindruck bei mir hinterlassen haben.  Mit der Wahrnehmung durch alle Sinne wurde es mir möglich, mich nach und nach intensiver mit den einzelnen Pflanzen zu beschäftigen. Ganz banale Erkenntnisse, die man im alltäglichen Leben ausklammert, wurden mir allein durch das Betrachten der Pflanzen deutlich. Werden und Vergehen, Aufblühen und Absterben, Geburt und Tod. Jede Pflanze zeigt alle wiederkehrenden Prozesse in wunderbarer Vielfalt. Ob ein sich Verströmen, Verschwenden, ob ein sich Sammeln, ob ein entschiedenes Stehen, ob ein sich anschmiegendes Wogen, ob verspielt, ob klar strukturiert – die Aufzählung von Beobachtungen könnte Seiten füllen.  Ich saß vor den einzelnen Pflanzen und schien in einem nicht enden wollenden Buch zu lesen – vor meinen Augen entdeckte ich wieder und wieder neue Bilder. Einige meiner Betrachtungen habe ich skizziert. Für dieses sehr inspirierende Seminar möchte ich mich bei Gabi herzlichst bedanken.

Irina Felber

Rückblickend war es eine beseelte Auszeit am Sonntag im Kräutergarten der Klosteranlage Lorsch. Während mir die Hitze des Vortages noch in den Beinen steckte, boten mir die Qigongübungen im Schatten und Schutz der alten Bäume ein gelungenes Angebot, ausgeglichener den neuen Seminartag zu beginnen.
Gabis Anleitung folgend, war es die einzige Distel der Wiese, die mich an diesem Morgen letztendlich in ihren Bann zog. Dass Gabi das Wort mäandern benutzte, um uns auf das Pflanzengigong einzustimmen, gefiel mir. Ich hatte es erst vor kurzem in anderem Zusammenhang für mich entdeckt. Die kräftige Blütenfarbe und ihr Mut, als Solitärpflanze aus den anderen Wiesenpflanzen herauszuragen, inspirierten mich, mich der Diestel zu nähern. Ihre süßlich duftenden, federweichen Blütenblättchen stehen im krassen Gegensatz zu allen anderen Pflanzenteilen. Auch nur da oben an dieser Stelle spüre ich so etwas wie die Energie dieser Pflanze.Sich auf die Natur, in diesem Fall eine Diestel, einlassen, schenkte mir diese Gedanken:

Ich muss! sie genauso stehenlassen, unmöglich etwas zu verändern oder abzuzupfen. Zwar ist sie einzeln unter den vielen anderen Geschöpfen, dafür unglaublich anmutig, wohl wissend wie perfekt ihre Gestalt sie schützt. Sie strahlt Selbstbewusstsein aus. Sie bietet mir an, mit ihr genau diesen Augenblick meditativ zu genießen.

Ute Lachmann-Ludwig