Was ist Kobudō?
Als Alten Kriegsweg (japanisch: 古武道, kobudō) oder auch “Alte Kriegskunst” (古武術, kobujutsu) bezeichnet man den Umgang mit als Waffen benutzten Geräten. Zu diesen zählen z.B. langer Stock (bō / kon), Paddel (eku), Kurbel (tonfa), Parier-Gabel (sai) und Sichel (kama). Die Übungen mit diesen Geräten ergänzen die Methoden des unbewaffneten Kampfes im okinawanischen Karate. Vorbereitend macht sich der Übende mit Handhabung der jeweiligen Waffe und der Ausführung von Einzeltechniken vertraut. In der Folge dienen allein oder zu zweit auszuführende Bewegungsformen (kata) der Aneignung und Vertiefung eines Repertoirs von kämpferischen Methoden und Prinzipien. Wesentliches Ziel ist dabei das Vermögen, sich gegebenenfalls bewaffneter Angriffe zu erwehren und Alltagsgegenstände als Mittel zur Selbstverteidigung zu erkennen und zu nutzen.
Beispiele für Kobudō-kata
Klassifikation der Waffen
Kämpferische Methoden und Prinzipien im Umgang mit traditionellen „Waffen“ übertragen zu können, setzt eine Merkmalsanalyse eben dieser „Waffen“ als Referenzbeispiele für beliebige andere Gegenstände voraus. Die Antworten auf folgende und ähnliche Fragen bedingen jeweils Unterschiede für das kämpferische Handeln:
- Ist der Gegenstand lang oder kurz?
- Ist seine Form flächig oder schmal?
- Ist sein Material hart oder weich?
- Ist er starr oder flexibel?
- Ist er stumpf oder scharf?
- Hat er eine Schneide und/oder eine Spitze?
- Ist er mit einer oder nur mit zwei Händen zu bewegen?
- Ist seine Masse im Verhältnis zu meiner Armkraft groß oder klein?
- Lässt er sich zielgenau werfen?
McCarthy-ha Yamane ryū
Patrick McCarthy hanshi legt seinem Kobudō das Bewegungs- und Formensystem des Stils Yamane ryū (山根流) zu Grunde, das auf den Langstock-Experten Chinen Sanra (1842-1925) zurückgeht und
in direkter Übertragungslinie über Oshirō Chōjō (1888-1935) von Hiroshi Kinjō (1919-2013) an Patrick McCarthy vermittelt wurde. Weitere Lehrer, die maßgeblichen Einfluss auf McCarthy senseis Verständnis vom bewaffneten Kampf ausübten, sind Richard Kim, Yoshiō Sugino und Motokatsu Inoue.
Langstock-Formen
- Bōjutsu kamae waza
- Bōjutsu uke waza
- Shirotaru no kon
- Shuji no kon
- Sakugawa no kon
- Tokumine no kon
- Yonekawa no kon
- Chinenshikiyanaka no kon
- Koryū no kon
- Peichin kumibō
Weitere Kobudo-Formen
- Maezato no tekko
- Koryū no tinbē
- Koryū no eku
- Koryū no tonfa
- Koryū no kama
- Koryū no nunchaku
- Koryū no sai
- Peichin kumisai
Die Universalität des Stocks
Am Anfang des Waffen-Unterrichts steht der Umgang mit dem langen und dem kurzen Stock. Die Gründe dafür liegen einerseits in der Tradition des Langstock-fokussierten Yamane ryū, dessen Bewegungsprinzipien die Übung unbewaffneter Kampfmethoden (karate) nicht nur ergänzen, sondern geradezu befördern, andererseits in der Universalität des kurzen Stocks (tanbō): Handhabungs- und Kampfprinzipien, die für diese archaische Hieb- und Stichwaffe gelten, sind auf mehrere andere, kurzstock-ähnliche Waffen und Gegenstände zu übertragen, ggf. gemäß deren Spezifik zu erweitern. Ähnlichkeiten mit dem Kurzstock haben beispielsweise die traditionellen Übungsgeräte tonfa, sai, kama und rōchin, aber auch eher unkonventionelle „Waffen“ wie ein Regenschirm, eine zusammengerollte Zeitung, ein Stuhlbein oder dergleichen.