風流・Fūryū

Es ist in Japan Tradition, dem Dōjō (jap.: Ort des Weges), in dem man einer Kampfkunst nachgeht, einen Namen zu geben. Die Bedeutung dieses Namens spiegelt dabei oft wesentliche Inhalte und die Philosophie der Kampfkunstauffassung der jeweiligen Schule oder nennt den Namen des Stilgründers. Was also meint Fūryū ?

Die Schriftzeichen

Das Kanji wird chinesisch fēng, sinojapanisch und japanisch kaze ausgesprochen. Seine Grundbedeutung ist „Wind“, übertragen kann es auch „Aussehen“, „Mode“ oder „Art“ heißen.

Die Aussprache dieses Zeichens ist chinesisch liú, sinojapanisch ryū und japanisch naga(-su). Es bezeichnet das „Fließen (lassen)“ bzw. die „Strömung“ und kann in übertragener Bedeutung auch „Stil“ oder „Schule“ meinen.

Die einfache Kombination der Kanji könnte nun schlicht „Windeswehen“ oder „Stil des Windes“ bedeuten, tatsächlich bezeichnet sie aber einen vielschichtigen Begriff asiatischer Ästhetik .

Bambus im Wind (Wikimedia-Commons)
Das Bedeutungsspektrum

Das Wehen des Windes hat im Denken Chinas und Japans über die Jahrhunderte recht viele metaphorische Nuancen gezeitigt.

Ausgehend von sich im Wind wiegenden Gräsern und Zweigen sind mit fūryū Qualitäten wie „Anmut“ und „Eleganz“ verknüpft, die auf menschlicher Ebene um den „Liebreiz“ und den „Geschmack“ als Fähigkeit, diesen wahrzunehmen, erweitert werden. Wird aus Liebreiz jedoch „Raffinesse“, ist der Weg zu „Unbeherrschtheit“ und „Zügellosigkeit“ nicht weit.

So entzieht sich 風流 zwar einer allgemeingültigen Übersetzung, steht jedoch als Konzept wie kaum ein anderes Wort für die Wechselbeziehung von Ästhetik und Wirksamkeit physischer und spiritueller Bewegung.

Ein Kampfkunstideal?

Kampfkünste sind als Bewegungskünste in erster Linie ihrer Wirksamkeit verpflichtet: geübt wird, um sich im weitesten Sinne gesund zu erhalten, sei es prophylaktisch oder therapeutisch ganz auf sich selbst bezogen oder sei es im Selbstverteidigungstraining auf einen Gegner/ Partner gerichtet.

Gleichwohl wird den anmutigen Bewegungen hervorragender Kampfkünstler ein gewisse Eleganz zugesprochen. Diese ist freilich nicht das Ziel, lediglich äußeres Anzeichen für die Harmonie von geistiger und körperlicher Bewegung sowie – im besten Fall – für deren Wirksamkeit. Im Streben nach Natürlichkeit und Harmonie der Bewegung erlangt der Übende eine wachsende Sensibilität für deren Details, für den Moment, für den Augenblick.